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Wasser ernten in den Anden

20.09.2019

„terre des hommes“ - Koordinator berichtet über Umweltprojekte

„Es ist das Recht eines jeden Kindes auf dieser Welt in einer intakten Umwelt aufzuwachsen, ein gesundes Leben zu führen und positive Zukunftsperspektiven zu entwickeln“, zitiert Beat Wehrle eine Forderung, die deutsche Regierungsstellen, Kirchen, Verbände und Kinderhilfsorganisationen bereits 1998 zur Durchsetzung der UN-Kinderrechte formuliert haben. Der Schweizer ist Regionalkoordinator der Kinderhilfsorganisation „terre des hommes“ in Lateinamerika. Auf seiner Europareise hat Wehrle Station im Wasserwerk Jägersburg gemacht und berichtet der Verbandsspitze und der Geschäftsleitung des Wasserbeschaffungsverbandes Riedgruppe Ost (WBVRO) über ein von „terre des hommes“ gefördertes Projekt in den Anden.

Auch dort spielt Infiltration eine Rolle. In Peru haben Bauern und ihre Familien, angeleitet von zwei einheimischen Agraringenieurinnen, mehr als 60 Lagunen angelegt, in denen Regenwasser gesammelt wird. Im südhessischen Ried wird die Versickerung von aufbereitetem Rheinwasser zur Stabilisierung der Grundwasserstände eingesetzt.

Beat Wehrle erklärt: „Mit Hilfe eines kleinen, künstlichen Damms wird in Peru das Wasser auf rund 5000 Meter Höhe in circa zwei Meter tiefe Seen angestaut. Sie sind etwa so groß wie ein Fußballplatz. Zweck ist, dass sich das gesammelte Regenwasser langsam in die tieferliegenden Gebiete des Berges verteilt. Die Bauern nennen das Wasser säen.“

Mit Hilfe der Putaqa-Pflanze werde das Wasser dann dort, wo es benötigt werde, gewissermaßen an die Oberfläche gezogen. Die Putaqa hat meterlange Wurzeln, die das Wasser aus der wasserführenden Schicht holen und eine Quelle bilden. „Das heißt bei den Einheimischen Wasser ernten“, erläutert Wehrle.

Das Wissen über die Nützlichkeit dieser Pflanze sei bei einzelnen Bauern noch vorhanden gewesen, von der modernen Landwirtschaft und Entwicklungshilfe jedoch nicht genutzt worden. Wehrle weiter: „Die beiden Agraringenieurinnen haben auf über 3.000 Wissenskarten dieses Know-how gesammelt und unter allen interessierten Bauern verteilt. Jetzt haben gut 180 Familien oberhalb ihres Gehöftes eine Putaqa-Quelle, die sie das ganze Jahr über mit Trinkwasser versorgt.“

Die ganzjährige Verfügbarkeit von Wasser habe die Produktivität der kleinbäuerlichen Landwirtschaft enorm erhöht. Da ohne großen Aufwand und Kosten ganzjährig kleinere Terrassen und Wiesenflächen bewässert werden könnten, sei selbst in dieser Höhenlage der Anbau von Futterpflanzen und marktgängigen Produkten wie Knoblauch und Dicken Bohnen möglich. Das bringe den Familien zusätzliche Einnahmen und verbessere die Lebensgrundlagen der Kinder.

Wehrle weist ausdrücklich auch auf die Vorteile für die Kinder hin: „Heute müsse niemand mehr aus Not in benachbarte Städte oder in die Hauptstadt Lima abwandern, um sich dort als Lastenträger für einen Hungerlohn zu verdingen“. Er fährt fort: „Im Gegenteil: Junge Menschen gehen in die Stadt, um sich weiter zu qualifizieren. Nach dem Studium kommen sie zurück in die Region und arbeiten als Regierungsangestellte, landwirtschaftliche Berater oder Bauern und bringen ihre neuen Ideen zum Wohle der Bauern ihrer Heimatregionen ein.“

„Als Wasserbeschaffungsverband Riedgruppe Ost wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass Kinder in einer intakten Umwelt aufwachsen und ein gesundes Leben führen können“, begründet Verbandsvorsteher Klaus Schwab das Engagement des Verbandes.

Es sei beeindruckend, wie durch die Wiederbelebung von traditionellem Wissen und natürlichen Abläufen Lebensgrundlagen erhalten werden könnten, stellte Verbandsdirektor Ingo Bettels fest.

Über eine Jubiläumsspende von 7.000 Euro hinaus unterstützt der Wasserbeschaffungsverband Riedgruppe Ost die Kinderhilfsorganisation „terre des hommes“ mit jährlichen Zuwendungen. Die Initiative ging vom ehemaligen Verbandsvorsteher Markus Hirth aus.

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Informationsbesuch: Beat Wehrle, Lateinamerika-Koordinator von terre des hommes, berichtete im Wasserwerk Jägersburg über Wasserprojekte des Kinderhilfswerks. Bild (v.l.): Markus Hirth (ehemaliger WBVRO-Verbandsvorsteher), Armin Kromer (Stellvertretender Verbandsvorsteher), Verbandsvorsteher Klaus Schwab, Beat Wehrle (terre des hommes) und Verbandsdirektor Ingo Bettels.