25.08.2017
Wasserverband Riedgruppe Ost stellt Untersuchungsergebnisse seiner Wasserwerke vor
Einhausen-Jägersburg
(WBVRO). „Dem Trinkwasser der
Wasserwerke Feuersteinberg und Jägersburg kann eine hervorragende Qualität bescheinigt werden, die das große
Schutzpotential der Brunnen gegenüber unerwünschten Stoffen im gesamten Einzugsgebiet
bestätigt“, fasst Dr. Heiko Gerdes vom Büro BGS Umwelt das Ergebnis des vom
Wasserbeschaffungsverband Riedgruppe Ost (WBVRO) in Auftrag gegebenen
Gutachtens zum Thema Spurenstoffe zusammen. Das Umwelt-Büro aus Darmstadt hat
das Gutachten in Zusammenarbeit mit dem Institut Fresenius erstellt.
„Wir sehen
uns in unserer Einschätzung bestätigt, dass unsere infiltrationsgestützten Tiefbrunnen
im Wald über ausgeprägte hydrogeologische Schutzpotenziale verfügen“, sagte
WBVRO-Direktor Ingo Bettels bei der Vorstellung des Gutachtens im Wasserwerk
Jägersburg. Auch die Infiltration des auf Trinkwasserqualität aufbereiteten
Rheinwassers werde nach dem neuesten Stand vorgenommen. Die Aufbereitung
erfolge in Biebesheim in einem der modernsten Werke Europas. „Wenn es um unser
Lebensmittel Nummer eins geht, gelten für uns höchste Standards“, machte
Bettels deutlich.
Sowohl im
Trinkwasser des Wasserwerks Feuersteinberg als auch des Wasserwerks Jägersburg
wurden keine Nachweise von Antiepileptika, Antibiotikarückständen noch von
Haushaltschemikalien gefunden.
Die
untersuchten Stoffgruppen in dem vom WBVRO im Spätsommer 2016 in Auftrag
gegebenen Gutachten zum Thema Spurenstoffe hatten sich als relevante
Leitparameter in einer Studie des Regierungspräsidiums Darmstadt (RP Darmstadt)
und Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG)
herausgestellt.
Das HLNUG und das RP Darmstadt untersuchten
2015 die Grundwasserqualität im Hessischen Ried. Dieser Bericht wurde unter dem Titel
„Kläranlageneinleitungen in oberirdische Gewässer und dadurch bedingte
Spurenstoffeinträge in das Grundwasser im Hessischen Ried“ im Juli 2016 vorgestellt. Der Projektbericht stellte die Ergebnisse
einer im Februar 2015 durchgeführten Untersuchung der Wasserqualität
insbesondere auf Spurenstoffe entlang des Eintragswegs zwischen
Kläranlagenabläufen ausgewählter Kläranlagen, Einleitegewässer und dem
Grundwasser zusammen.
Im Rahmen der HLNUG- Studie sind keine Untersuchungen
für die Wasserwerke des WBV Riedgruppe Ost durchgeführt worden. „Wir haben das
Thema aber vorsorglich aufgegriffen, um gegebenenfalls vorhandene Risiken für unsere Wasserwerke
frühzeitig zu erkennen“, erläuterte Direktor Bettels.
Das Thema der Spurenstoffe im Trinkwasser sei erst
durch den Fortschritt der Analytik möglich geworden. Die chemische Analytik sei
mittlerweile so fein und erreicht so geringe Nachweisgrenzen, dass sie weit
unterhalb der Schwelle menschlicher Wahrnehmung und gesundheitlicher Relevanz
Stoffe anthropogener Herkunft erkenne, erläuterte Dr. Gerdes bei der
Vorstellung des Gutsachtens.
„Der Themenkomplex der Spurenstoffe im
Trinkwasser ist deshalb so schwierig zu vermitteln, weil die Nachweise in der
Regel weit unter der Wahrnehmungsgrenze liegen,
dennoch aber vor dem Hintergrund der langfristigen
wasserwirtschaftlichen Vorsorge wichtig sind und gegebenenfalls auch
Abwehrmaßnahmen im Sinne einer Minimierung unerwünschter Stoffe erfordern, ohne
dass eine gesundheitliche Relevanz schon aktuell nachgewiesen wäre“, betonte
Dr. Gerdes.
Dieser Zusammenhang müsse verstanden sein, bevor über
Konsequenzen aus der HLNUG-Studie zum Wirkungspfad der Kläranlagenausläufe über
Oberflächengewässer, Grundwasser in das Trinkwasser nachgedacht werde und bevor
die Befunde des WBVRO in einem ersten Schritt bewertet würden, so der Gutachter.
Um Überlegungen und Einschätzungen eine einheitliche
Grundlage zu geben, gibt es für einige Spurenstoffe mittlerweile
Qualitätsnormen, die z.B. als „gesundheitliche Orientierungswerte (GOW)“ oder
andere vergleichbare Leitwerte definiert sind. Diese Werte sind keine
Grenzwerte der Trinkwasser-Verordnung
und auch nicht entsprechend zu bewerten, sie helfen jedoch, die Vielzahl
der Stoffe auf ihre Relevanz hin etwas besser einordnen zu können.
Demnach kann
dem Trinkwasser aus beiden Wasserwerken des Wasserbeschaffungsverbandes eine hervorragende Qualitätbescheinigt
werden, die das große Schutzpotential der Brunnen gegenüber unerwünschten
Stoffen im gesamten Einzugsgebiet bestätigt. Insbesondere wurde für die
Leitparameter der Arzneimittel kein Nachweis erbracht.
Der Nachweis für Desphenyl-Chloridazon, einem
Düngemittel, liegt um den Faktor 50 unter dem GOW-Wert und ist auf diesem
Niveau auch unter dem Vorsorgeansatz gesundheitlich nicht relevant.
Der Befund
für Acesulfam, einem Süßstoff, liegt um
den Faktor von ca. 150 unter dem Leitwert des Minimierungsgebotes für
unerwünschte chemische Stoffe und ist ebenfalls nicht relevant.
Aufgrund des überaus niedrigen Konzentrationsniveaus
lassen nach Aussage des Gutachters sich keine Schlussfolgerungen ziehen, die
konkrete Maßnahmen (z.B. an Kläranlagen) begründen könnten.
Dr. Gerdes
abschließend: „Dennoch sollte seitens des Wasserwerkes der Zustrom zu den
Brunnen aus den Fließgewässern der Weschnitz und des Winkelbaches im Blick
behalten werden, die beide auch mit Kläranlagenausläufen beaufschlagt werden
und in den Grundwasserleiter infiltrieren.“
Info-Box: Die gebräuchliche Konzentrationseinheit liegt hierbei im Nanogramm-Bereich: 1 Nanogramm pro Liter entspricht beispielsweise einem Salzkorn in einem großen Schwimmbad (1 ng/l = 0,001 μg/l = 0,000001 mg/l), kein Mensch wird dieses Wasser als salzig wahrnehmen. Im Bereich der Arzneimittel mag folgendes Beispiel die Zusammenhänge verdeutlichen: Bei Aufnahme von 2 Liter Wasser täglich mit einer Konzentration von 100 ng/l Aspirin (gegen Kopfschmerzen sehr gebräuchlich), würde es 700 Jahre dauern, bis die Dosis einerAspirin-Tablette aufgenommen wäre.
Stellten ein vom Wasserverband Riedgruppe Ost beauftragtes Gutachten zum Thema Spurenstoffe vor (v.l.): Verbandsdirektor Ingo Bettels, Gutachter Dr. Heiko Gerdes und Benjamin Scholz, ´Technischer Leiter des Wasserverbandes